„Eine Verbindung in die alte und neue Zeit“

Einweihung des mittelalterlichen Taufbeckens mit Pfarrerin i.R. Ruf in Bieber

Pressemitteilung der Evangelischen Kirchengemeinde Bieber vom 19. September

„Ein greifbares Stück Geschichte in diesem Dorf. Dasselbe Taufbecken, in dem vor Jahrhunderten Bieberer Kinder und darüber hinaus getauft wurden, ist wieder da und wird mit dem heutigen Tag wieder gebraucht. Etwas, das uns mit den Generationen verbindet, die vor uns waren – und die kommen werden“ – mit diesen Worten aus der Festpredigt von Pfarrerin i.R. Sabine Ruf wurde am vergangenen Sonntag in der evangelischen Laurentiuskirche das mittelalterliche Taufbecken nach vielen Jahrhunderten der Zweckentfremdung wieder neu eingeweiht. Passend dazu wurden gleich drei Kinder der Familie Ritter aus Bieber in dem soeben eingeweihten Taufbecken getauft – die ersten Taufen in jenem Becken nach rund 300 Jahren.

Über 150 gläubige sowie kultur- und regionalgeschichtlich interessierte Bürgerinnen und Bürger sind der Einladung des Kirchenvorstandes der Evangelischen Kirchengemeinde und des Förderkreis Laurentia gefolgt und haben die Einweihung des aus vorreformatorischer Zeit stammende Taufbecken mitverfolgt. In seiner Begrüßung hieß der stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Martin Logsch, die anwesenden Gäste zu diesem „besonderen Gottesdienst herzlich willkommen.“ Mitglieder des katholischen Pfarrgemeinderates und Verwaltungsrat sowie Pfarrer Ryszard Bojdo wohnten der Einweihung ebenso bei wie Bürgermeister Matthias Schmitt, Vertreter der Biebergemünder Kommunalpolitik sowie der heimische direktgewählte CDU-Landtagsabgeordnete Michael Reul. Der Einladung sind auch Vertreter des Denkmalbeirats des Main-Kinzig-Kreises, des Kirchenkreisamtes Kinzigtal, des Kirchenvorstandes der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Aufenau, des Geschichtsvereins Biebergemünd sowie die Leiterin des Kindergartens Schatzkästlein, Frau Sonja Schüler, gefolgt. Besonders begrüßt wurden und eine hervorgehobene Rolle in diesem Gottesdienst spielten Frau Eva Bindseil und ihre Tochter Claudia Peters sowie Frau Verena Bigalke.

Die besondere Geschichte des Taufbeckens hob der Leiter des Biebergrundmuseums in Bieber, Peter Nickel, hervor, der sich bereits in der Vergangenheit intensiv mit der Geschichte der Laurentiuskirche auseinandergesetzt hat: „Es kann davon ausgegangen werden, dass unser Taufbecken bei der Erstsegnung dieser Kirche – im 12. Jahrhundert – mit eingeweiht wurde.“ Als im Zuge des Dreißigjährigen Krieges, im Jahre 1636, die Laurentiuskirche von kaiserlichen Truppen zerstört wurde, war das Taufbecken von der Zerstörung ebenfalls betroffen. Brandspuren des Kirchengestühls und herabfallendes brennendes Gebälk schwärzten das Taufbecken von außen sowie von innen nachhaltig; diese Brandspuren wurden fotografisch dokumentiert und somit der Nachwelt erhalten. Als im Jahre 1756 die Laurentiuskirche erweitert wurde, ist das Taufbecken entfernt worden und auf Wunsch des damaligen Pfarrers an das damals lutherische Pfarrhaus gelangt. Dort wurde es fortan als Wasserauffangbecken unter der Regenrinne zweckentfremdet. Dort blieb es als Provisorium, bis im 19. Jahrhundert das Pfarrhaus an die Landgrafschaft Hessen-Kassel verkauft und der Forstverwaltung übergeben wurde. Der Vater des im Jahre 2020 verstorbenen und über die Gemeindegrenzen hinaus bekannten Heimatforschers, Horst Bindseil, bewohnte das Forsthaus bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand. Als das Forsthaus dann abgerissen werden sollte, nahm der Vater das Taufbecken mit zu seinem Privathaus am Burgbergweg – wo es bis vor drei Jahren stehen bleiben sollte. Die Geschichte des über die Jahre in Vergessenheit geratene Taufbecken wurde von Horst Bindseil an seinem Krankenbett an Peter Nickel weitergegeben. Dieser gab Horst Bindseil noch vor seinem Ableben das Versprechen, dass das Taufbecken wieder an seinen ursprünglichen Ort in die Laurentiuskirche zurückgebracht werde. Als Mitglieder des Kirchenvorstandes und des Förderkreis Laurentia das nun mit Moos überzogene Becken im Garten von Frau Bigalke, der jetzigen Hauseigentümerin, begutachteten, kam große Freude auf. Frau Verena Bigalke stimmte sofort zu, dass das Taufbecken in die Kirche zurückgeführt werden sollte. 

Die Witwe von Horst Bindseil, Eva Schedo-Bindseil, und Verena Bigalke spielten in dem Gottesdienst eine besondere Rolle: Frau Bigalke schmückte mit aus ihrem Garten stammenden Blumen das Taufbecken und Frau Bindseil schüttete das Wasser in die Taufschale. Als wäre dieser Festgottesdienst nicht bereits symbolisch genug, spielte auch die Taufschale eine besondere Rolle: Als vor wenigen Wochen die Martin-Luther-Kirche in Aufenau entwidmet wurde, kam aus Zufall und durch Einsatz dortiger Kirchenvorstandsmitglieder die dort in der Kirche genutzte Taufschale nach Biebergemünd. Ab dem 01. Januar 2024 werden die zuvor zu Aufenau zugehörigen Biebergemünder Ortsteile Neuwirtheim, Wirtheim und Kassel mit der Kirchengemeinde Bieber fusionieren – und nun wurde das alte Taufbecken gemeinsam mit der Aufenauer Taufschale zusammengebracht. „Das ist ein schönes Symbol der Zusammengehörigkeit. Die Geschichte der Kirchengemeinde Aufenau und den in dieser Schale getauften Menschen lebt so in den in Zukunft stattfindenden Taufen in der neuen Gemeinde hier in der Laurentiuskirche weiter“, so Martin Logsch.

„Mit deinem Segen, Gott, übergeben wir das wiederhergestellte Taufbecken heute seiner Bestimmung, denn an deinem Segen ist alles gelegen“: Nachdem Pfarrerin i.R. Ruf das Taufbecken neu widmete, wurden die drei Kinder Mia, Luke und Ava getauft. Im Anschluss an den Gottesdienst lud die Gemeinde zum gemeinsamen Kaffee und Kuchen vor der Laurentiuskirche ein, dem die Gäste sehr gerne nachkamen. In Zukunft soll eine Informationstafel innerhalb der Kirche über die Geschichte des Taufbeckens und der Taufschale informieren und dazu einladen, sich seiner eigenen Taufe und dessen Bedeutung bewusst zu sein. Die Veranstalter bedankten sich herzlich bei allen helfenden Händen und für die zahlreichen Kuchenspenden.

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