Das Leben der Lutherin beleuchtet

Reformationsgottesdienst mit Theaterstück in Bieber: „‚Hallo Luther‘ statt Halloween!“

Bericht der Gelnhäuser Neue Zeitung vom 04. November 2023

(hg) Während im Dorf die Halloweenkürbisse ihre flackernde Gruselbotschaft verbreiten, brennt auf dem Weg zur Laurentiuskirche ein ganz anderes Licht: zahlreiche Lutherkerzen erhellen den Weg zu einem Ort, der Vielen seit Jahrhunderten eine ganz andere Botschaft vermittelt – nämlich Trost und Hoffnung. „Hallo Luther!“ hieß es da und nicht „Halloween“ und Kirchenvorstandsmitglied Martin Logsch konnte zum Reformationsgottesdienst zahlreiche Gläubige, über 100 Besucher, in der Laurentiuskirche begrüßen. „Im Namen Gottes, an den wir glauben, darum geht es bei der Reformation. Im Namen Jesu, denn allein durch Christus werden wir selig“, begrüßte Logsch die Gottesdienstbesucher.

Logsch informierte darüber, dass in der älteste Kirche Bieber – der Laurentiuskirche – im Jahr 1568 die Reformation eingeführt wurde. Doch am Reformationstag gelte es, nach Wittenberg zu schauen – und in das sächsische Zisterzienserinnenkloster Nimbschen. „Wir feiern heute die Reformation! Wir sagen ‚Hallo Luther‘ und nicht ‚Halloween.‘ Wir sind hier in der ältesten Kirche von Bieber, an einem Ort, um den uns jede Halloween-Party beneiden könnte, mit dem Flair vergangener Zeiten. Wir schreiben das Jahr 1523. Eine Gruppe von Nonnen, hin- und hergerissen zwischen Klostergelübden und reformatorischen Gedanken, beschließt vor den Zwängen des Klosters und der Obrigkeit zu fliehen. Von ihrer abenteuerlichen Flucht und der Ankunft in Wittenberg werden wir noch hören. Wir wollen uns erinnern an die Zeit vor 500 Jahren. Eine Zeit voll Unruhe und Krieg. Die Welt schien aus den Fugen geraten zu sein“, so die Einleitung von Logsch zu einem besonderen Gottesdienst

Seit 15 Jahren begeht die evangelische Kirchengemeinde den Gedenktag der Reformation mit einem Lutherspiel. Mit Psalmen, Liedern aus der Zeit der Reformation, aber auch moderneren Liedern, die zum Thema gewählt wurden, näherte sich der Gottesdienst dem alljährlichen Reformationsspiel, das die große Erkenntnis der Reformation in einem Satz vermittelte. „Wir brauchen uns die Seligkeit nicht zu verdienen oder zu erkaufen, wir brauchen keine weiteren Fürsprecher, sondern werden allein aus der Gnade vor Gott gerecht!“

In Bieber versetzte das Laienspiel die zahlreichen Gottesdienstbesucher in das Jahr 1523. Die vom Augustinermönch Luther angestoßene Reformation der katholischen Kirche befindet sich in vollem Gange. Sechs Jahre lag der Thesenanschlag Luthers an der Schlosskirche zu Wittenberg nun zurück. Während Luther und Papst Hadrian erneut heftige und von Polemik gezeichnete Schriften austauschen, lebte im sächsischen Grimma eine bislang unbekannte Nonne ein Leben in Einkehr, des Gebets und des Gehorsams. Ihr Name ist Katharina von Bora. Sie wurde bereits mit fünf Jahren ins Kloster gegeben, mit zehn Jahren kam sie ins Kloster Nimbschen, dem ihre Tante Margarethe von Haubitz als Äbtissin vorstand. Auf der Wartburg verfasste Martin Luther zuvor eine Schrift über die Verbindlichkeit von Klostergelübden. Diese sollte die Ordensleute, die erwogen ihr Kloster im Zuge des reformatorischen Gedankens zu verlassen, Hilfestellung bieten. Die reformatorischen Schriften machen auch vor der inzwischen 23-jährigen Katharina keinen Halt. Sie beginnt an ihrem Lebensweg zu zweifeln.

Katharina von Bora und andere Nonnen treffen sich nach dem Chorgebet in eine eben dieser Zellen. Ihre Mitschwester Magdalene von Staupitz hat, dank ihrer anhaltenden Verbindung zu ihrer nunmehr evangelischen Verwandtschaft, neue reformatorische Schriften ins Kloster schmuggeln können. Die Gedanken und Visionen Luthers lassen Katharina und ihre Mitschwestern nicht los. Die Äbtissin hat die Gespräche der drei jungen Nonnen gehört und fordert sie zum Gehorsam zu ihr, dem örtlichen Bischof und dem Papst auf. „Nun hinfort mit euch, tut Buße und geht beichten, damit eure Herzen und Seelen wieder rein werden!“ Diese Aufforderung reift bei Katharina von Bora und einigen Mitschwestern zum dem Entschluss ihr Klosterleben zu beenden. „Wie sollen wir denn fliehen? Wir sind mittellos, wir haben keinen Kontakt zu unseren Familien und keine Pferde“, die ängstliche Frage nach einem Ausweg. Hilfe für diese wagemutige Unterfangen erhalten sie überraschend von außen. „Wohl hochgeborene Damen! Kommt hier herüber! Macht euch keine Sorgen! Ich habe da eine Idee!“: Leonard Köppe, ein Torgauer Bürger, stürmt in den Kirchenraum und drängt zur Eile. Er hat das Gespräch mitgehört und versteckt sie in Heringsfässern. Es mag nicht gut riechen, aber die Nonnen könnten so aus dem Kloster fliehen – auch wenn es übler als in einem Schweinestall rieche, wie Katharina meint.

Die Nonnen haben keine andere Wahl. Die Fässer sind der Weg in die Freiheit. Die Flucht gelingt und die Frauen treffen nach einigen Tagen in Wittenberg ein. Dort kümmert sich Luther persönlich und die Versorgung der Frauen. Sie werden in die Wittenberger Gesellschaft eingeführt, als Bürgerinnen eingekleidet und an ehrenwert Männer und Freunde Luthers vermittelt. Katharina lehnt allerdings die ihr angebotenen Herren allesamt ab und findet Unterschlupf bei Lucas Cranach dem Älteren. In  Szene sechs erfahren die Gottesdienstbesucher dann, dass sich Katharina für Luther selbst entschieden hat. Dieser will von dem Vorhaben allerdings nichts wissen; Katharina wird allerdings von Luthers Weggefährten Justus Jonas und Johannes Bugenhagen in ihrem Vorhaben unterstützt. „Sie wird dir guttun und dir ein gehorsames Weib sein“, redete Johannes auf Luther ein. „Das obliegt dem Herrn, ob sie gehörig ist. So soll es sein“, seine knappe Antwort und so läuten die Hochzeitsglocken. Bekannt ist Katharina nun als die Lutherin, die für die geselligen Tischreden Luthers sorgt, das Haus für Studenten öffnet und es sich zu einem Treffpunkt in Wittenberg entwickelt. Diese Heirat ist eine Besondere: Eine entlaufene Nonnen und ein ehemaliger Mönch, der sich mit der ganzen westlichen Christenheit und dem Papst persönlich anlegt.

Nach dem Stücke gab es reichlich Applaus für die Laiendarsteller, die das Schicksal von Katharina von Bora authentisch ins Bewusstsein riefen.

Alexander Weigand hatte das Stück in Szene gesetzt. Leika Kißner verkörperte die Katharina, Martin Logsch den Reformator Luther. Magdalene von Staupitz wurde von Elke Lenz dargestellt, Ave von Schönfeld von Lisa Herzog und die Äbtissin Margarethe von Haubitz von Ursula Schick. In die Rolle von Lucas Cranach schlüpfte Michael Würz und in den Bürger Leonhard Köppe Alexander Weigand. Johannes von Bugenhagen fand sich in Günther Lenz wieder und Justus Jonas in Henrik Neeße. Das Vorwort und sie Zwischenpassagen trug Silke Krack vor.

Nach Fürbitte und dem Segen bewirtete der Förderkreis Laurentia die Gottesdienstbesucher, die noch lange und bis Spätabends über das gelungene Stück diskutierten.

Für alle Geschichtsinteressierten gibt es auch gleich die nächste Möglichkeit: Am 15 November um 20:00 Uhr lädt die Kirchengemeinde wieder zu einem Kirchenkinoabend mit Bewirtung ins Haus des Friedens ein. Passend zum Thema wird der Film „Die Lutherin“ gezeigt.

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